Wenn die Temperaturen sinken, heißt es wieder mit Sack und Pack zum Ansitz oder zur Drückjagd zu gehen. Denn wer jagt schon gerne, wenn der Schießfinger steif vor Kälte ist, die Füße ein einziger Eisklumpen und man vor lauter Zittern nicht mehr richtig durch Glas schauen kann. Damit die Passion nicht genauso gegen den Nullpunkt geht wie die Temperaturen, gibt es hier ein paar Tipps, wie sich der Weidmann warm und trocken halten kann.
Nicht nur Jungjäger machen den Fehler, sich bei der Winterjagd falsch anzuziehen. Die Kälte spürt man als Erstes in den Händen und Füßen. Diese Körperteile sind am weitesten vom Herzen entfernt – und damit hört die Erwärmung bei sinkenden Außentemperaturen schneller auf, als beispielsweise in der Körpermitte. Wie schützt man sich bei Ansitz oder Drückjagd am besten davor, den Kälteschock zu erleiden? Eine generelle Lösung, die für jeden Jäger zutrifft, gibt es leider nicht. Dazu sind die Kälteempfindlichkeit und Reizschwelle für das Frieren bei jedem zu unterschiedlich. Wohl gibt es aber ein paar Tricks, um die Jagd trotz Minustemperaturen genießen zu können. Wählen Sie die für sich praktikabelste Möglichkeit oder probieren Sie einfach mal was Neues aus. Hände und Füße werden es Ihnen mit wohlig-warmem Empfinden danken.
JAGDSCHUHE FÜR DEN WINTER
In unseren Breitengraden herrschen im Winter in der Regel keine arktischen Temperaturen. Ein paar Grade unter null können jedoch genauso unangenehm werden, wie eine Drückjagd bei -10 Grad. Außerdem spielt beim Frieren nicht nur die tatsächliche Kälte eine Rolle. Auch Luftfeuchtigkeit und Wind wirken sich je nach dem negativ auf die Köperwärme aus. Und das subjektive Kältegefühl darf, wie schon erwähnt, nicht außer acht gelassen werden. Nicht umsonst spricht man mittlerweile bei Wettermeldungen im Radio von „gefühlter Temperatur…“.
Wenden wir uns zunächst dem Schuhwerk zu. „Ich habe endlich Schuhe gefunden, in denen ich keine kalten Füße mehr bekomme. Sie haben eine Batterie betriebene Heizsohle – das ist einfach herrlich“, erzählte mir vor Kurzem eine Jagdfreundin. „Immer darauf achten, dass die Akkus immer voll sind, um nicht plötzlich auf der Drückjagd von der Wärme verlassen zu werden“, meinte die Schuh-Expertin. Also hat sie für sich beschlossen, immer ein Ersatzpaar Batterien mitzunehmen.
Zum Glück müssen wir uns auf solche „Hightech-Produkte“ nicht nur verlassen. Die Idee, die hinter den heizbaren Stiefeln steckt, ist sicherlich gut. Doch wie so vieles zeigt die Praxis, dass diese Lösung für manchen Nimrod völlig unpraktisch ist. Wichtig bei der Auswahl der Winterstiefel ist die Zusammensetzung der Isolierung um den Fuß herum sowie die Durchblutung. Das heißt: Um warme Füße zu behalten, sollte man genauso verfahren wie beim Bau eines Hauses. Auf die Zwischenschicht, also das Isoliermaterial, kommt es überwiegend an. Ist die Isolierung in den Hauswänden gut, bleibt drinnen schön warm. Für unsere Füße bedeutet das: Die Durchblutung muss zirkulieren können, um die Füße warm zu halten. Denn selbst das beste Isoliermaterial kann nicht helfen, wenn das Blut nicht seinen Weg durch den Fuß machen kann. Fuß, Socke, Sohle und Schuh bilden einen Verbund. Ist eine der beteiligten Einheiten gestört, können die anderen dies nicht auffangen. Im Klartext: Wer sich einen neuen Winterschuh zulegt – und bei dieser Ausgabe sollte man nicht sparen – sollte auf einige Faktoren achten.
LIEBER EINMAL TIEFER IN DIE TASCHE GREIFEN – KALTE FÜSSE SIND DER ANFANG VOM END
„Mir reicht es jetzt. Nach dem ich das dritte Paar günstige Stiefel gekauft habe, werde ich mir nun ein vernünftiges Paar zulegen. Dabei stand bei den anderen im Katalog immer dabei, dass sie bis minus 30 Grad warm halten sollten“, schimpfte neulich ein Jagdfreund. Auch ich selber habe angesichts der höheren Preise von Markenschuhen zunächst auf die günstigeren Modelle zurückgegriffen. Diese Entscheidung musste ich allerdings mit halberfrorenen Zehen bezahlen. Die in vielen Katalogen angegeben Minusbereiche, die von –30 Grad bis –50 Grad reichen, beeindrucken auf den ersten Blick natürlich. „Und das Ganze schon für 79 Euro!“ heißt es dann oft im Begleittext. Beim Lesen fragt man sich natürlich unwillkürlich, wann wir hier bei uns schon mal diese Minusgrade erreichen. Dann müssen die Stiefel doch für unsere Winter etwas taugen. Aber diese Annahme ist in der Regel weit gefehlt. Man sollte die Produktbeschreibungen gründlich studieren. Und wer ganz sicher gehen will, fragt direkt beim Hersteller nach. Allein die Aussage über die Kälteresistenz bei so und so vielen Minusgraden ist es nämlich nicht.
Gute Hersteller, zum Beispiel Meindl, Kamik oder Sorel geben bei ihren Produkten so genannten Kältekategorien an. Das bedeutet, dass der Schuh in einem standardisierten Verfahren in Kältekammern mit verschiedenen Kältegraden getestet wurde. Die Isolationsleistung wird so ausgewertet und genau angegeben. Daraus lässt sich dann ablesen, ob ein Stiefel wirklich für arktische Temperaturen geeignet ist oder ob er nur für „leichte Kälte“ taugt. Diese Produkte verfügen übrigens meistens auch auf den Hinweis, dass die Temperaturangaben außerdem von Bewegung, Konstitution oder sogar Alter abhängig sind.
Wichtig beim Schuhkauf ist es, den Winterstiefel eine halbe oder eine ganze Nummer größer zu kaufen. Denn wer in seine normale Größe komplett mit dicken Wintersocken und vielleicht noch Wärmesohle und Heizkissen steigt, tut sich keinen Gefallen. Die Durchblutung wird durch das Einengen unterbrochen und man steht vor dem gleichen Problem: Eisklumpen statt Füßen. Am besten, man probiert den neuen Schuh komplett mit Wintersocken und Isoliersohle an. Ist etwas Luft drum herum und rutscht der Fuß nicht unangenehm hin und her, ist die Entscheidung richtig. Im übrigen ist es wichtig, dass zwischen Socke und Fuß etwas Luft ist. Diese isoliert nämlich und hält warm.
WARME HÄNDE = SICHERHEIT BEI DER JAGD!
Es ist schon ärgerlich, wenn auf einer Drückjagd nach zwei Stunden die Sauen kommen und man nicht auf sie fertig wird, weil einem die Hände vor lauter Kälte ganz steif gefroren sind. Schlimmstenfalls bringt man dadurch einen schlechten Schuss an…
Von Frost und Kälte sind die Finger als erstes betroffen. Am besten halten eigentlich Fäustlinge warm. Doch diese Handschuhform ist auf der Jagd nicht gerade praktisch. Zu umständlich und in manchen Situationen zu Zeit aufwändig ist das Ausziehen der Fäustlinge. Bei Fingerhandschuhen hat man dieses Problem nicht, doch ist hier jeder Finder der Kälte ausgesetzt, so dass man unter Umständen das Gefühl hat, man hätte gar keine Handschuhe an. Was also tun?
Hier gibt es verschiedene Lösungsansätze. Manch ein Nimrod schwört auf den guten alten Muff und leichte Handschuhe. Der Muff wird umgehängt und ist mit Fell gefüttert. Man kann die Hände hinein schieben und bei Bedarf schnell wieder heraus ziehen. Die Finger bleiben warm und der sichere Schuss kann angebracht werden. Klasse: „Muff Nordpol“.
Eine Kompromisslösung zwischen Fäustlingen und Fingerhandschuhe sind so genannte Klapphandschuhe. Auf den ersten Blick sehen sie wie Fäustlinge aus und wärmen genauso wie diese. Will man aber schießen, wird der obere Teil des Handschuhs zurück geklappt. Je nach Modell liegen darunter Fingerhandschuhe oder einfach nichts. In beiden Fällen sind die Finger jetzt äußerst flexibel und lassen sich ganz normal bewegen. Ist der Schuss raus, kann der obere Handschuhteil einfach wieder über die „nackten Finger“ geklappt werden und es bleibt warm.
KLEINE HELFERCHEN GEGEN DIE KÄLTE BEI DER JAGD
Auf externe Heizleistungen in Form von selbst erwärmenden kleineren oder größeren Heizkissen sollte man im Übrigen generell nicht verzichten. Sei es in Schuhen, Handschuhen oder auch mal hinten in den Hosenbund gesteckt – diese kleinen Wärmequellen sorgen für Wohlbefinden nicht nur in kalten Winternächten. Es gibt sowohl Einlegesohlen als auch Handschuhe mit extra „Fach“ für die Heizkissen. Wer darüber nicht verfügt oder sich nicht neue anschaffen will, kann auf selbstklebende Wärmekissen zurück greifen. Die Kissen funktionieren in der Regel alle nach dem gleichen Prinzip: Bringt man sie mit Sauerstoff in Verbindung (also vor dem Einstecken in Stiefel oder Handschuh einige Minuten an der Luft liegen lassen), indem die Plastikumhüllung entfernt wird, entwickeln sie über Stunden (zwischen sechs und acht Stunden je nach Fabrikat) eine prima Wärmeleistung. Der Nachteil ist: Sie können nur einmal genutzt werden. Als Alternative gibt es Heizelemente, die sich durch das Brechen eines Metallplättchens erwärmen. Diese können durch das Kochen in Wasser wieder reaktiviert werden. Hier ist der Nachteil, das die Wärmeleistung maximal eine Stunde beträgt.
Für welche der wärmenden Methoden Sie sich entscheiden, hängt letztlich selbstverständlich von Ihren eigenen „Körperbedingungen“ und Ihrer Art zu jagen ab. Aber gut „beheizte“, sprich gut durchblutete, Hände und Füße sind die optimale Voraussetzung für die ideale Wirkung der Winterausrüstung. Bleiben diese Körperteile warm, stehen einem zumindest keine frierenden Gliedmaßen im Weg, wenn in der frostigen Wintermondnacht nach etlicher Wartezeit die Sauen anwechseln und man erfolgreich sein Stück erlegt.
JAGDBEKLEIDUNG IM WINTER: WENIGER IST MANCHMAL MEHR
Sämtliche Möglichkeiten bei der richtigen Winterbekleidung aufzuzählen und zu beleuchten, würden hier den Rahmen sprengen. Es sei nur soviel dazu gesagt: Was für die Schuhauswahl gilt, gilt auch für Kleiderwahl. Ein Beispiel: „Ich verstehe das gar nicht: Ich ziehe mir immer viel an, wenn ich zur Jagd im Winter losfahre, weil es draußen schließlich kalt ist. Komme ich auf meinem Sitz an, schwitze ich oft, weil ich noch einen Fußweg zurück legen musste und mir in den Sachen warm geworden ist. Nach einer Weile fange ich aber immer an zu frieren.“ Dieses Phänomen, das meine bereits oben zitierte Jagdfreundin beschrieben hat, und ich ebenfalls aus leidiger Anfangserfahrung kenne, ist häufiger anzutreffen, als man glaubt
Die Ausgangssituation: Draußen ist es kalt und man selbst kommt aus der warmen Stube. Damit man nicht friert, wird alles angezogen, was nicht niet- und nagelfest ist. In voller Montur steigt man ins Auto und dreht wohlmöglich hier noch bis ins Revier die Heizung auf. Da in der Regel bis zum Sitz noch einige Schritte getan werden müssen, unter Umständen muss sogar vorsichtig gepirscht werden, weil das Wild schon auf der Fläche steht, kommt das Blut in Wallung und man fängt in seiner dicken Kleidungsschicht an zu schwitzen. Da die Wärme gar nicht so schnell weg kann, wie man sie aufbaut, bleibt feuchte Unterkleidung zurück. Kommt man auf dem Sitz zur Ruhe, schleicht sich die Kälte in die klamme Kleidung und man fängt an zu frieren.
Ich verfolge mittlerweile das Prinzip: Ins Auto wird sich im Hemd gesetzt. Die Heizung kann laufen, aber bitte nicht „volle Pulle“. Entweder zieht man sich, bevor der Weg zum Sitz in Angriff genommen wird, eine Weste oder einen Pullover über und bindet sich die Jacke um. Oder – und das ist meiner Meinung nach die kleinste Einheit – man lässt die Jacke offen bis der Sitz erreicht ist. Auch dort ziehe ich nicht gleich die Jacke an bzw. mache sie zu. Erst einmal etwas abkühlen und „verdampfen“, dann warm einpacken. Probieren Sie es mal aus. Wer es ganz komfortabel haben möchte, nimmt eine Wärmeweste oder einen Wärmegürtel mit. Diese kann mit Hilfe von Gaskartuschen auf verschiedene Wärmegrade anstellt werden. Angenehm wohlig unter Jacke, bleiben so Rücken und Nieren warm. Kälte hat so gut wie keine Chance. Wer zusätzlich noch in einem Ansitzsack steckt, kann sich getrost König der kalten Winternächte nennen…
(Quette: Jagd1.de)